Vorburg

Das heutige Erscheinungsbild des Schlosses bestimmen der an der Südwestseite um etliche Meter verkürzte, aber noch bis zum First erhaltene Nordwest- bzw. Eingangsflügel mit dem neu errichteten Nordturm in den Maßen seines Vorgängers. Ebenso hat das unmittelbare Umfeld im Laufe der Zeit durchgreifende Veränderungen erfahren. Der größte Teil der Vorburginsel sowie die gesamte davor gelegene Freiheit verschwanden als Folge der Industrialisierung an Ruhr und Emscher bereits vor Jahrzehnten unter notwendig gewordenen Bau- und Verkehrsprojekten. Lediglich ein Restbestand von mehrfach umgebauten Ökonomiegebäuden aus der Zeit um 1856 sowie ein ergrabener Mauerabschnitt der ehemaligen Uferbegrenzung in der Rasenfläche vor dem Schloss erinnern an die einstige Vorburg. Von der Freiheit zeugt nichts mehr.

img_3340Neben Resten von Wehrmauern, einem Turm und Wirtschaftsgebäuden aus verschiedenen Bau- und Nutzungsphasen stießen die Archäologen auf einen ummauerten Kirchhof mit einigen hundert Bestattungen sowie die Grundmauern bzw. Fundamentausbruchgruben einer kleinen Kirche. Schriftquellen erwähnen für Horst bereits 1295 einen Geistlichen und eine Urkunde von 1411 nennt das Patrozinium der Burgkapelle. Sie war dem Hl. Hippolytus geweiht, verehrt als Patron der Pferdezüchter. Vermutlich um 1590 zur Pfarrkirche erhoben, übertrug sich ihr Patrozinium 1753 auf den Neubau in der Freiheit und schließlich auf die 1898 geweihte heutige Hippolytuskirche. Bei der ersten Kirche handelt es sich um einen Saalbau von etwa 13 zu 5 Metern mit um Mauerstärke eingezogenem und apsidial geschlossenem Chor. Das Fundament in Grätlagen (opus spicatum) datiert dessen Errichtung in das 12. Jahrhundert. Im Chorbereich fanden sich vier Grablegen. Deren herausgehobene Platzierung lässt vermuten, dass es sich hier um Mitglieder der Burgherrenfamilie handelt. Das immerhin 1,5 m starke Chorfundament mit Ansatzresten eines Gewölbes aus einer spätmittelalterlichen Umbauphase deutet auf einen jederzeit zugänglichen, kryptenartigen Unterbau des Chorraumes hin.

img_3345Im Verlauf des Mittelalters wurde der ältere Kirchbau eingewölbt, der Chor durch einen größeren Polygonalchor ersetzt sowie Anbauten an der Nordostseite angefügt. Die verwendeten Baumaterialien (Backstein und Fliesenboden) ordnen den letzten archäologisch fassbaren Umbau in die Zeit der Steinburg und deren Ausbau. Bereits sehr früh umgab die Kirche ein Friedhof, was zumindest ein beschränktes Bestattungsrecht belegt. Diesen grenzte zunächst ein 1545 errichtetes hölzernes Geplänk von den Wirtschaftsbereichen der Vorburg ab. 1630 bezeugt ein Visitationsprotokoll eine nun steinerne Einfriedung, die auch bei den Grabungen der Archäologen freigelegt werden konnte. Nach Ausweis der Trachtbestandteile und Grabbeigaben fällt der überwiegende Teil der Bestattungen in die Zeit der Burgkapelle als Pfarrkirche.

img_0395Die heute im Vorburgbereich stehenden Gebäude stammen aus dem 19. Jahrhundert (1856) als die Familie von Fürstenberg im Besitz des Schlosses war (1706 – 1988) und waren als reine Ökonomiegebäude (Scheune und Ställe) errichtet worden. Von den übrigen Gebäuden ist nichts mehr erhalten, lediglich durch die archäologischen Grabungen belegt, soweit diese möglich waren, da große Teile der ehemaligen Vorburginsel inzwischen von Straßen und Bahntrassen überbaut sind. Nach umfangreicher archäologischer Untersuchung und aufwendiger Restaurierung wurde das historische Gebäudeensemble der Vorburg, ergänzt durch einen modernen Zweckbau, die „Remise“, 2013 eröffnet und bietet Platz für das Bürgercenter und die Stadtteilbibliothek Gelsenkirchen-Horst sowie eine ehrenamtlich betriebene Historische Druckwerkstatt. Auf dem Vorplatz zeigt die Pflasterung durch farbliche Hervorhebung die Umrisse der damaligen Schlosskapelle an.